Verboten: Leiharbeit in der Baubranche

Als Bauarbeiter auch Leiharbeiter sein? Nicht so einfach Als Bauarbeiter auch Leiharbeiter sein? Nicht so einfach

In der Baubranche gelten besondere, verschärfte Regelungen rund um das Thema Leiharbeit – so verschärft, dann man schon von einem Verbot spricht. Leiharbeiter im Baugewerbe sind also verboten? Stimmt auch wieder nicht, denn das Verbot hat bestimmte Ausnahmen. Nur wenn gewisse Bedingungen erfüllt sind, ist Leiharbeit innerhalb der Baubranche möglich. Dieser Umstand hat mein Interesse geweckt und mir einige Fragen aufgegeben, daher habe ich mich ein bisschen in die aktuelle Rechtslage um dieses Verbot hineingewühlt und erkläre euch hier, was ich herausfinden konnte.


Ein Verbot - mit Ausnahmen

Normale Personaldienstleister dürfen keine Arbeitnehmerüberlassung in der Baubranche anbieten. Jedoch dürfen Baubetriebe untereinander Arbeitskräfte verleihen, sofern beide Betriebe im gleichen Baugewerbe tätig sind und das verleihende Unternehmen mindestens seit drei Jahren von denselben Rahmen- und Sozialkassentarifverträgen erfasst wird.

Letzteres soll vermeiden, dass Personaldienstleister kurzfristig ein scheinbares Bauunternehmen gründen, um so Leiharbeiter in die Branche überlassen zu können und so das Verbot zu umgehen. Aus dem gleichen Grund ist es für ein entleihendes Bauunternehmen auch unzulässig, den Schwerpunkt des Gewerbes auf die Arbeiterentleihung zu legen. Ein entleihender Baubetrieb muss immer noch seinen Schwerpunkt und Haupteinnahmequelle im direkten Erbringen von Bauleistungen haben.

Eine weitere Ausnahme ist, dass nur Bauarbeiter von dem Verbot betroffen sind. Die Leute, die in einem Baubetrieb auf dem Büro arbeiten wie etwa Finanzbuchhalter und Sekretäre, können ganz normal von einer Zeitarbeitsfirma entliehen werden.


Warum ausgerechnet die Baubranche?

Diese Frage habe ich mir zuerst gestellt, konnte aber beim durchforsten verschiedener Quellen keine eindeutige Antwort finden. Diese Sonderregelung zur Arbeitnehmerüberlassung scheint es auch nur in Deutschland zu geben. Einleuchtend ist, dass vor allem die Baubranche betroffen ist von Problemen, die mit Schwarzarbeit und starken Schwankungen in der Wirtschaftslage einhergehen. Das Verbot könnte also die Absicht haben, diesen angreifbaren, wichtigen Wirtschaftszweig besonders zu schützen und zu stabilisieren. Auch geschützt werden durch das Verbot effektiv die Arbeitnehmer, die Bauarbeiter. Lohn-Dumping und/oder Arbeitsplatzverlust durch Verdrängung durch Leiharbeiter mit „Drehtüreffekt“ ist das, was das Leiharbeitsverbot in der Baubranche aktiv verhindert.

Gleichzeitig verwehrt das Verbot dem Baugewerbe jedoch Zugang zu einem personalwirtschaftlichen Instrument, welches allen anderen Branchen zur Verfügung steht und gerade bei saisonaler Arbeit (was Bau witterungsbedingt oft ist) extrem wichtig für Unternehmer sein kann. Viele Firmen im Baugewerbe sprechen sich daher gegen das Verbot aus und – Entleiher als auch Verleiher – suchen natürlich nach Schlupflöchern im Gesetz. Und diese finden sie auch, denn der entsprechende Paragraf im AÜG ist scheinbar voller unbestimmter Rechtsbegriffe und es gibt daher viel Unklarheit über das Verbot. Das Verbot soll also eigentlich die Arbeitsbedingungen von Leiharbeitskräften in dieser Branche verbessern, bietet aber gleichzeitig genug Entweichungsmöglichkeiten. Kommt uns das nicht irgendwie bekannt vor?


Oh, die Tarifverträge

Das AÜG ist vor allem durch die Regelungen zum Gleichstellungsgrundsatz kontrovers. Das Gesetz spricht sich nämlich für „Equal Treatment“ und „Equal Pay“ aus, was es auf den ersten Blick sehr Leiharbeitnehmer-freundlich erscheinen lässt. Jedoch können diese schönen Grundsätze durch Anwendung von Tarifverträgen leicht umgangen werden und so sagen viele Kritiker des AÜG, dass es sich hier um eine Mogelpackung handelt: das Gesetz verspricht scheinbar verbesserte Bedingungen für Leiharbeiter, jedoch ist dies in der Realität nicht der Fall.

Im Detail: Equal Treatment und equal pay heißt, dass Leiharbeiter innerhalb des entleihenden Unternehmens den regulären Mitarbeitern in Sachen Bezahlung und Behandlung genau gleichgestellt sein sollen – das soll Schluss machen mit der minderwertigen Behandlung der Leiharbeiter. Durch die Gesetzeslücke mit den Tarifverträgen ist es Verleiher und Entleiher jedoch möglich, den Gleichstellungsgrundsatz zu umgehen und die Leiharbeiter dennoch ungleich zu behandeln und, bis zum Ablauf der ersten 9 Monate bei einem Entleiher, auch ungleich zu bezahlen.


Rechtliches Tauziehen - unentschieden

In der Baubranche ist das nicht so - der Gleichstellungsgrundsatz kann hier nicht durch Tarifverträge umgangen werden, und zwar vom ersten Tag der Arbeitnehmerüberlassung an. Wieder ein großer Stein, der den Ver- und Entleihern in der Baubranche in den Weg gelegt wird. Leiharbeiter kämpfen um gute Arbeitsbedingungen, ihre Arbeitgeber und die Entleiher kämpfen essenziell um mehr Geld für die eigene Tasche. Irgendwie mutet das alles schon wie ein rechtliches Tauziehen an. Auf welcher Seite steht wohl letztendlich unser Vater Staat?