Leiharbeit in der Altenpflege

Im Alter ist es wichtig, dass man kompetente, hilfsbereite Menschen um sich hatIm Alter ist es wichtig, dass man kompetente, hilfsbereite Menschen um sich hat

Speziell in der Branche der Altenpflege hat sich die Situation um die Leiharbeit herum interessanterweise fast schon umgekehrt. Unter Pflegekräften wird Leiharbeit zunehmend beliebter, da Leiharbeiter in dieser Branche sogar oft bessere Arbeitsbedingungen und Gehälter arbeiten als reguläre Angestellte. Wie konnte das passieren? Wie haben sich diese Umstände fast schon um 180° gedreht?


Pflegemangel

Der springende Punkt ist, dass man im Pflegebereich nicht einfach irgendwen einstellen kann – man braucht ausgebildete Fachkräfte, und die sind in der Altenpflege extrem gefragt, denn es gibt nicht genug davon auf dem Arbeitsmarkt. Und dann passiert eben, was immer passiert wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt: der Preis geht hoch und die Pflegekräfte, also das Angebot, können sich aussuchen, für wen sie arbeiten.

Das ist für die Pfleger natürlich besonders attraktiv, denn immerhin ist es ein Beruf, wo es oft Unannehmlichkeiten für Arbeitnehmer gibt, z.B. Nachtschichten, Arbeiten am Wochenende oder an Feiertagen, spontanes Einspringen-Müssen. Natürlich suchen sie sich dann den Arbeitgeber aus, der die besten Bedingungen bei höchstem Gehalt bietet. Und das sind niemals die Pflege-Einrichtungen, denen das Geld sowieso nicht reicht – es sind Leiharbeitsfirmen, die den deutschen Pflegekräften momentan die besten Deals bieten.


Vorteile der Leiharbeit für Altenpfleger

Die Altenpflegeheime ringen mit extremem Personalmangel und gerade in solchen Einrichtungen kann man es sich einfach nicht leisten, zu wenig Leute zu haben – das Arbeitspensum kann schließlich nicht reduziert werden. In dieser verzweifelten Situation ist das Zurückfallen auf Leiharbeiter oft die einzige Option, auch wenn es teuer ist und Probleme der Ungleichheit zwischen allen Mitarbeitern bringt.

Leiharbeiter-Altenpfleger bekommen nämlich oft höhere Gehälter als die Stammangestellten, zum Teil bis zu 10 Euro mehr. Dazu tragen sie weniger Verantwortung und haben echtes Mitspracherecht bei der Auswahl ihrer Schichten, werden nicht ständig wegen akutem Personalmangel an freien Tagen zur Arbeit gerufen, etc. – denn sie sind einfach nicht so sehr in den Betrieb und das Team eingebunden. Sie machen einfach nur ihre Arbeit und nicht mehr, denn sonst schulden sie dem entleihenden Betrieb nichts – sind sie doch bei der Verleihfirma angestellt – und so arbeiten und leben sie stressfreier.


Alles steht Kopf

Damit ist also das gängige Vorurteil von einem Leiharbeiter so ziemlich auf den Kopf gestellt. Leiharbeiter in der Altenpflege sind verzweifelt gesuchte fachkundige Arbeitskräfte - keine unqualifizierten Personen, die nicht wirklich etwas bestimmtes gut können und deshalb auf dem normalen Arbeitsmarkt keine Stelle finden. Altenpfleger sind durch den Pflegemangel definitiv als hochwertig einzustufen und sitzen sozusagen am längeren Hebel. Und wer kann es ihnen verübeln, wenn sie davon Gebrauch machen? Zum Beispiel die regulären Angestellten. Sie müssen den neuen Leiharbeitern alles erklären, ihnen wichtige Infos geben, und dann zuschauen, wie der Leiharbeiter die gleiche Arbeit für mehr Geld macht, ohne dich dabei mit den chaotischen Dienstplanänderungen herumschlagen zu müssen. Solche Ungerechtigkeiten innerhalb eines Personalschlüssels können ja nur zu Unmut und schlechter Atmosphäre führen.


Und was sagen die Pflegebedürftigen?

Wahrscheinlich nicht viel, gut ist es jedoch für die Heimbewohner nicht, sich ständig an neue Pfleger gewöhnen zu müssen. Obwohl jeder alte Mensch mit so etwas anders umgeht, ist es doch generell wichtig, dass eine Routine, Familiarität und gute Atmosphäre gibt, denn immerhin wohnen die Pflegebedürftigen Vollzeit im Heim und sind auf die Pfleger angewiesen. Was für die einen lediglich ein Arbeitsklima ist, ist für die verletzlicheren die komplette Atmosphäre der Welt, in der sie ihren Lebensabend verbringen. Gerade bei z.B. Demenzkranken wird es sehr kritisch.

Priorisiert man das Wohlergehen der Heimbewohner sind festangestellte Bezugspersonen definitiv die beste Lösung und der Trend der Leiharbeit in der Altenpflege absolut nicht unterstützenswert. Wie man jedoch das System umkrempeln und eine bessere Lösung für alle Beteiligten finden könnte – diese Frage hat noch niemand geklärt. Langfristig ist Leiharbeit in der Pflegebrache wohl keine Lösung.

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